Wenn wir ein weltweites System von Geheimdiensten akzeptieren, dann akzeptieren wir immer auch die weltweite Verletzung von Grund- und Bürgerrechten.
So schreibt Rechtsanwalt Thomas Stadler in „Überwachtes Netz“ von Markus Beckedahl und Andre Meister.
Geheimdienste, das zeigen nicht zuletzt die Enthüllungen von Snowden in aller Deutlichkeit, lassen sich nicht parlamentarisch kontrollieren.
Stadler schreibt:
Wie verträgt sich die Tätigkeit von Geheimdiensten mit der Vorstellung von global geltenden Bürger- und Menschenrechten? (Auslands-)Geheimdienste sind ein Relikt aus dem 20. Jahrhundert. In der Zeit des Kalten Krieges wurde es als politische Notwendigkeit angesehen, dass sich Staaten, nicht nur wenn sie verfeindet waren, gegenseitig bespitzeln.
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Der Tätigkeit von Geheimdiensten, egal welches Ziel sie verfolgen, liegt eine letztlich widersprüchliche Logik zu Grunde. Geheimdienste werden weltweit – immer von einer national geprägten Sichtweise aus – als legitim betrachtet, obwohl ihr Auftrag am Ende darin besteht, Politiker, Unternehmen und mittlerweile auch Bürger fremder Staaten zu überwachen und damit auch das Recht dieser Staaten zu brechen.
[…]
Geheimdienste bewirken die Entstehung rechtsfreier Räume, die weltweit niemand mehr kontrollieren kann. Denn die Geheimdienste, zumindest die formal befreundeter Staaten, tauschen ihre Erkenntnisse wiederum wechselseitig aus und umgehen damit aktiv die Bindungen ihres nationalen Rechts. Was sie selbst nicht ermitteln dürfen, erledigt ein ausländischer Geheimdienst, der die Daten und Informationen liefert, die für den jeweils nationalen Dienst tabu sind. Geheimdienste schaffen dadurch ein weltweit vernetztes und unkontrolliert agierendes System, das der zielgerichteten Aushebelung von Bürgerrechten dient.
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Edward Snowden und Chelsea Manning stehen in dieser Tradition der Aufklärung, während mächtige Strömungen in der internationalen Politik ihr entgegen arbeiten. Snowden hat den Bruch von Bürger- und Menschenrechten offenkundig gemacht, zu denen sich formal alle Staaten der westlichen Welt bekennen. Aus Sicht des Rechts, zumindest wenn man es global betrachtet und nicht national, ist Snowden deshalb kein Verräter, sondern ein Aufklärer. Der Rechtsbruch, der ihm vorgeworfen wird, besteht darin, auf einen global wirkenden Rechtsbruch hingewiesen zu haben.
Stadler kommt zum Schluss, dass es nicht der Staat sein wird, der für eine Kontrolle der Dienste und damit für den Erhalt der Bürger- und Menschrechte einstehen wird:
Es wird also von den Bürgern abhängen, die selbst für ihre Rechte eintreten und kämpfen müssen.
Es liegt also an uns, für unsere Rechte zu kämpfen, unsere Regierungen werden dabei wahrscheinlich auf der anderen Seite der Auseinandersetzung stehen. Am Ende wird sich dann eine ganz grundsätzliche Frage stellen: Rechtsstaaten oder Geheimdienste. Und der „Ein bisschen von beiden“-Weg wird sich als nicht machbar herausstellen.
Klarmachen zum Ändern
Stefan
Der Beitrag Geheimdienst versus Rechtsstaat erschien zuerst auf Stefan Körner.